Noch ein bisschen Mosebach
Und diese Passage läßt mich auch an diese ganze Internetliteraten denken, die ihre Veröffentlichungen immer mit Avantgarde oder "underground" bezeichnen und so fürchterlich ergrimmt über den Zustand der Literatur in Deutschland/Österreich sind.
Es geht um den Ankauf eines Altarkreuzes im Zuge der Modernisierung, oder sagen wir besser Zerstörung, einer alten Kirche, der St. Raphaelskirche in Neuenheim. Nachdem also die alten Altäre zur Kleinholz gemacht worden waren, benötigte man ein neues Altarkreuz. Hier schlug man dann der Gemeinde ein "Kunstwerk" namens "Schrei und Wolke" vor.
"Das Corpus des Gekreuzigten ist aus Baumrinde und nur angedeutet, ein Mund, dem sich ein Schrei entringen könnte, ist nicht erkennbar. Kreuz und Körper sind gespalten, aber wohl nicht, um an das Zerhacken des Marmon-Altares zu erinnern. Über dem Kreuz schwebt im Dunkeln rostiger Maschendraht. "Fromme Sehgewohnheiten stören", wollte Körner mit seiner millionenfach zu findenden Graphikeridee. Es werden in der ästhetischen Diskussion ja immer noch ganz falsche Fronten beschrieben - als kämpfe der berüchtigte "Röhrende Hirsch" gegen ein ein todesmutiges Häuflein der Avantgarde. Den "Röhrenden Hirschen" gibt es aber gar nicht mehr. Seine Stelle wird heute durch Werke wie "Schrei und Wolke" eingenommen, "aufrüttelnde Kunst, die bohrende Fragen stellt von schonungsloser Aufrichtigkeit", wie die schon unsäglich veralteten Phrasen heißen."
M. Mosebach: Häresie der Formlosigkeit
Es geht um den Ankauf eines Altarkreuzes im Zuge der Modernisierung, oder sagen wir besser Zerstörung, einer alten Kirche, der St. Raphaelskirche in Neuenheim. Nachdem also die alten Altäre zur Kleinholz gemacht worden waren, benötigte man ein neues Altarkreuz. Hier schlug man dann der Gemeinde ein "Kunstwerk" namens "Schrei und Wolke" vor.
"Das Corpus des Gekreuzigten ist aus Baumrinde und nur angedeutet, ein Mund, dem sich ein Schrei entringen könnte, ist nicht erkennbar. Kreuz und Körper sind gespalten, aber wohl nicht, um an das Zerhacken des Marmon-Altares zu erinnern. Über dem Kreuz schwebt im Dunkeln rostiger Maschendraht. "Fromme Sehgewohnheiten stören", wollte Körner mit seiner millionenfach zu findenden Graphikeridee. Es werden in der ästhetischen Diskussion ja immer noch ganz falsche Fronten beschrieben - als kämpfe der berüchtigte "Röhrende Hirsch" gegen ein ein todesmutiges Häuflein der Avantgarde. Den "Röhrenden Hirschen" gibt es aber gar nicht mehr. Seine Stelle wird heute durch Werke wie "Schrei und Wolke" eingenommen, "aufrüttelnde Kunst, die bohrende Fragen stellt von schonungsloser Aufrichtigkeit", wie die schon unsäglich veralteten Phrasen heißen."
M. Mosebach: Häresie der Formlosigkeit
ElsaLaska - 11. Sep, 13:27
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