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"Die Problematik der Zeit zeigt sich für ihn [Augustin] v.a. in der Rede von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: Ohne einen Zeitbegriff ist eine solche Rede nicht möglich. Andererseits gilt: Die Vergangenheit ist vorbei, ist nicht mehr, die Zukunft ist noch nicht, und die Gegenwart ist im Grunde das Jetzt, also zeitlich unausgedehnt. Wäre die Gegenwart zeitlich ausgedehnt, gäbe es keinen vernünftigen Grund, diese Ausdehnung irgendwo zu begrenzen, die Gegenwart wäre also Ewigkeit. Eigentlich, so Augustin, "besitzt die Gegenwart keinerlei Ausdehnung - praesens autem nullum habet spatium"[Confessiones, XI, 15]. Genaugenommen müsse man von einer Art Gegenwart des Vergangenen, einer Art Gegenwart des Gegenwärtigen und einer Art Gegenwart des Künftigen sprechen; die erstgenannte ist durch das Gedächtnis (memoria), die zweitgenannte durch den unmittelbaren Anblick (contuitus) und die drittgenannte durch die Erwartung (exspectatio) zu begreifen. Dies ist eine These von kaum zu überschätzender Bedeutung für die Folgezeit: Die Zeit wird nämlich hier zu einem Bewusstseinsphänomen erklärt. Indem sich das menschliche Bewusstsein oder der menschliche Geist an etwas (Vergangenes) erinnert oder etwas (Zukünftiges) erwartet oder schließlich etwas (Gegenwärtiges) unmittelbar ansieht, vollzieht er in seinem Bewusstsein etwas Zeitliches. Was immer die Zeit ist, so könnte man Augustins Analyse auf den Punkt bringen, sie hat etwas mit der Tätigkeit unseres Bewusstseins zu tun.
Fußnote dazu:
Augustins Zeit - Analyse, die genauer zu untersuchen hier nicht der Ort ist, hat nicht nur im Mittelalter, sondern bis in unsere Gegenwart hinein die Denker beschäftigt; es sei hier nur auf Husserl und auf Wittgenstein verwiesen. Vgl. E. Husserl, Zur Phänomenologie des Inneren Zeitbewusstseins. Den Haag 1966. L. Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen. Oxford 1953, Seite 289f."
aus: Beckmann, Jan: Einführung in die Philosophie des Mittelalters. Kursmaterial Hagen.
Fußnote dazu:
Augustins Zeit - Analyse, die genauer zu untersuchen hier nicht der Ort ist, hat nicht nur im Mittelalter, sondern bis in unsere Gegenwart hinein die Denker beschäftigt; es sei hier nur auf Husserl und auf Wittgenstein verwiesen. Vgl. E. Husserl, Zur Phänomenologie des Inneren Zeitbewusstseins. Den Haag 1966. L. Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen. Oxford 1953, Seite 289f."
aus: Beckmann, Jan: Einführung in die Philosophie des Mittelalters. Kursmaterial Hagen.
ElsaLaska - 24. Okt, 15:46
ist Zeit ohne den Menschen denkbar, wenn sie beispielsweise mit dem Bewusstsein (des Menschen) zu tun hat? Ist Zeit ohne mich existent? Oder lebt der Zeitbegriff von der eigene Vergänglichkeit? Schaut man zurück in der Geschichte des Bewusstseins, dann möchte man annehmen, der Urmensch war dem Bewusstsein der Gegenwärtigkeit näher als der Mensch nach dem Laufe der Zeit. Die Zeitspannen waren überschaubar, das Leben mit Anfang und Ende begrenzt. Mit der Zeit, der Philosophie, gelangte das Bewusstsein des Menschen über diese Zeitspannen hinaus. Der Mensch begann ein Gefühl für einen Zeitbegriff zu bekommen, der immer weiter nach hinten ausholte und den Druck, die Last des Gewesenen erhöhte. Der Mensch wurde sich der Endlichkeit in ihrer Dramatik bewusst, dass das Leben nicht nur begrenzt ist, sondern auch viel zu kurz. Heute wird prognostiziert, spekuliert und nach vorne gedacht. Renten, Vorsorgen werden angelegt. Nachhaltigkeit behauptet. Dennoch ist der Mensch zur Endlichkeit verdammt. Ist die Zeit dies auch? Gibt es einen Aggregatzustand der Zeit? Eine Zeit ohne Bewusstsein - ist das denkbar?
John Cales 4.33 neulich geboten bekommen. Musik mit Partitur in Abwesenheit von Tönen. Ein Spiel mit der Zeit. Ein Stück das der Pause gewidmet ist. Sicherlich, hier war Musik, aber nur weil sie über die Pause hinaus gedacht war. Es war nicht nichts. Mir schwirrt der Kopf. Aber der Augustinus hat das schön geordnet...
so oder ähnlich
vom ende der zeit
https://www.amazon.de/%C3%9Cber-Ende-Zeit-geschichtsphilosophische-Betrachtung/dp/3466401070/ref=sr_1_2/302-0983433-4790414?ie=UTF8&s=books&qid=1193398287&sr=8-2