Aus einem Interview mit Rocco Buttiglione,
Präsident der christdemokratischen Udc, einer der vier Präsidenten der italienischen Abgeordnetenkammer, mit Guido Horst aus der Tagespost vom 10. November 2009:
>>"Wenn der Menschenrechtsgerichtshof das Urteil bestätigt, hängt man dann in Italien die Schulkreuze ab? Was wird geschehen?
Nicht viel. Wir werden dieser Dame die 5000 Euro zahlen - und Schluss. Und statt der Kruzifixe könnten wir ja in den Schulen große Meisterwerke unserer Kunst aufhängen, mit großartigen Darstellungen der Kreuzigung. Dagegen werden die Straßburger Richter wohl nichts haben.
[Das kommt als nächstes dran, fürchte ich. Irgendwann verbietet ein europäisches Gericht noch die Existenz des Vatikans ...]
Gerade in Italien hebt die Politik oft die Laizität des Staates und seiner Institutionen hervor. Welche Bedeutung hat das Kreuz in den staatl. Schulen, für welche Werte steht es?
Für die Werte des Gewissens, dass man nach seinem Gewissen handeln soll. Für die Liebe - da ist ein Mensch, der sein Leben für seine Freunde hingegeben hat. Viele glauben, das war Gottes Sohn, andere nicht. Darauf jedenfalls haben wir unser nationales Bewusstsein aufgebaut. ... Wenn in einer Schule eine bedeutende Minderheit von Juden oder Muslimen wäre, hätten auch sie das Recht, Symbole ihres Glaubens aufzuhängen. Warum nicht. Doch jetzt hat man uns verboten, das Kruzifix aufzuhängen. Hier geht es nicht um die Bewahrung der Freiheit, sondern um ein Verbot."<<
[Heute in der Bar an der Tanke, Gespräch mit der nussbraunen, superjungen, supergestylten Barfrau mit dem besten aperitivo-Sortiment derzeit. Ich deute auf das aushängende Kruzifix und frage augenzwinkernd:
Und? Bleibt es?
Ich hatte sie ehrlich gesagt nicht unbedingt so eingeschätzt, als sei sie fromme Katholikin oder halte sich über Politik auf dem Laufenden. Doch sie wusste sofort, von was ich sprach:
Na klar bleibt es. Bei UNS bleibt es auf jeden Fall. Die sollen machen was sie wollen. Wir Barleute haben gleich gesagt, wenn es aus den Schulen raus muss, dann treten wir dafür ein. Das Kreuz ist das Symbol Italiens, und diese Verrückten aus Strasbourg werden das nicht ändern. Das ist doch nicht normal.]
>>"Wenn der Menschenrechtsgerichtshof das Urteil bestätigt, hängt man dann in Italien die Schulkreuze ab? Was wird geschehen?
Nicht viel. Wir werden dieser Dame die 5000 Euro zahlen - und Schluss. Und statt der Kruzifixe könnten wir ja in den Schulen große Meisterwerke unserer Kunst aufhängen, mit großartigen Darstellungen der Kreuzigung. Dagegen werden die Straßburger Richter wohl nichts haben.
[Das kommt als nächstes dran, fürchte ich. Irgendwann verbietet ein europäisches Gericht noch die Existenz des Vatikans ...]
Gerade in Italien hebt die Politik oft die Laizität des Staates und seiner Institutionen hervor. Welche Bedeutung hat das Kreuz in den staatl. Schulen, für welche Werte steht es?
Für die Werte des Gewissens, dass man nach seinem Gewissen handeln soll. Für die Liebe - da ist ein Mensch, der sein Leben für seine Freunde hingegeben hat. Viele glauben, das war Gottes Sohn, andere nicht. Darauf jedenfalls haben wir unser nationales Bewusstsein aufgebaut. ... Wenn in einer Schule eine bedeutende Minderheit von Juden oder Muslimen wäre, hätten auch sie das Recht, Symbole ihres Glaubens aufzuhängen. Warum nicht. Doch jetzt hat man uns verboten, das Kruzifix aufzuhängen. Hier geht es nicht um die Bewahrung der Freiheit, sondern um ein Verbot."<<
[Heute in der Bar an der Tanke, Gespräch mit der nussbraunen, superjungen, supergestylten Barfrau mit dem besten aperitivo-Sortiment derzeit. Ich deute auf das aushängende Kruzifix und frage augenzwinkernd:
Und? Bleibt es?
Ich hatte sie ehrlich gesagt nicht unbedingt so eingeschätzt, als sei sie fromme Katholikin oder halte sich über Politik auf dem Laufenden. Doch sie wusste sofort, von was ich sprach:
Na klar bleibt es. Bei UNS bleibt es auf jeden Fall. Die sollen machen was sie wollen. Wir Barleute haben gleich gesagt, wenn es aus den Schulen raus muss, dann treten wir dafür ein. Das Kreuz ist das Symbol Italiens, und diese Verrückten aus Strasbourg werden das nicht ändern. Das ist doch nicht normal.]
ElsaLaska - 11. Nov, 18:56
Verbrochen
Kannst du Italienisch?
(Wobei jeder in Italien ein Kommunist ist, der nicht explizit pro-Berlu ist*gg*)
Aber langsam stellt sich die Frage wirklich, wie manche Richter mitsamt ihrer Inkulturation über den Stand der europäischen Menschenrechte ein Urteil fällen können? Wer war denn da noch in der Kammer? Jemand aus Korea?
Leider konnte ich bisher nicht herausfinden, ob das Urteil einstimmig gefällt wurde. Eine Konsequenz für die Auswirkung des Urteils hat das sicherlich nicht. Aber es würde mich einfach interessieren, weil ich finde, dass hier ziemlich derb auf die Richter eingekloppt wird. Dass der Italiener Kommunist ist heißt nicht, dass er gegen die in Italien offensichtliche Verbundenheit mit dem Kreuz votierte (es sei denn das Urteil war einstimmig). Claudio Magris, der in Italien bekennender Laizist ist, spricht sich auch gegen das Urteil aus. Die türkische Richterin in dem Gremium ist bekennende Gegnerin des Kopftuchverbots in ihrer türkischen Heimat. Das legt eher nahe, dass sie auch eine mögliche (wenn vorhanden) Stimme gegen die Bewertung ihres Gremiums - und nicht wie ich zuvor vermutete, dass sie laizistische Gründe fände dem Urteil zu zustimmen. Natürlich ist mein Beitrag pure Spekulation. Er unterscheidet sich aber darin nicht in den Mutmaßungen über die Beweggründe einzelner Richter eines Siebenergremiums die neben juristischen Erwägungen wohl auch persönliche in die Waagschale werfen, weshalb Urteile nach Mehrheitsverfahren verabschiedet werden.
Die Türkei ist Unterzeichnerin der Menschenrechtscharta. Damit ist sie also nicht nur in der Liste der verurteilten und verklagten Staaten ganz oben (direkt hinter Italien), sondern wohl auch berechtigt Richter in den Gerichtshof zu entsenden, bzw. dem Europarat vorzuschlagen, der die Richter wohl in den Gerichtshof wählt. Die Türkei ist seit 1949 Mitglied im Europarat. Habe ich irgendwas übersehen oder falsch dargestellt, was die Gremien angeht, dann bitte ich das zu entschuldigen und zu ergänzen oder korrigieren. Wie ich feststellen musste handelt es sich um ein komplexes ineinanderwirken zwischenstaatlicher Institutionen, die mithin seit 1945 Frieden in Europa gewähren, bzw. zum Frieden hinführen können, wenn nationalstaatliche Prävalenzen überwunden bzw. integriert werden.
Link zu einem Artikel über die Richterin:
tagesspiegel.de/meinung/kommentare/EU-Gerichtshof-Tuerkei;art141,2466299
Ich habe den Link sein "https://www." genommen, da ich ansonsten als Spam erkannte werde. Ich hoffe so geht da durch. Ich halte den Artikel für informativ.
Asye Karakas
Aber so wie sie das hier vortragen, glaube ich mich auch bei den russo-türkischen-katho-kommunistischen-progressiv-kreativen wiederzufinden. Wenn so gute Urteile wie jene zur Lebenspartnerschaft dabei heraus kommen, dann muss ich daraus logischerweise Schlussfolgern, dass dies ein wünschenswerte Haltung ist. (Ist das eigentlich auch ein kruder Laizismus?)Es tut aber nichts zum Thema.
Wenn wir in die Argumentation zurückfallen, dass nur katholische oder exkatholische Staaten über katholische Staaten urteilen dürfen, dann reden wir hier über Spaltung - konfessionsbedingt, ideologiebedingt, wie auch immer - das halte ich für gefährlich.
Was jedoch nicht heißt, dass ich nicht glaube, dass diese Entscheidung keinen weltanschaulichen Hintergrund hat. Bei solchen Abwägungen kommt es ohnehin zu einem allgemeinen blabla, wo alles (juristisch) vertretbar ist..., und ich finde, die Richter hätten durchaus die politisch-kulturelle (Verfassungs-)Tradition berücksichtigen müssen. (Wobei ich zuversichtlich bin, dass die Kreuze hängen bleiben; das läßt sich bestimmt juristisch ähnlich wie in Bayern deichseln).
Was mir nicht in den Kopf will: dass dieselbe EMRK in der Türkei gilt, wo von Religionsfreiheit überhaupt keine Rede sein kann (oder nur sehr eingeschränkt).