In seinem Artikel "Doppelte Kirche und säkulares Rechtsverständnis"
stellt der Philosoph und Journalist Armin Schwibach auf kath.net nicht nur das italienische Abgabesystem im Vergleich zum deutschen vor, sondern beleuchtet auch die ideengeschichtliche Herkunft der Konstruktion von der "sichtbaren" und der "unsichtbaren Kirche", die aktuell von der FSSPX beansprucht worden ist, um katholische Gläubige zum Kirchenaustritt aufzurufen (mit praktisch beigefügtem Formular wie dunnemals die taz, ich erwähnte es ja schon.)
Und weil mir diese Hintergründe jedenfalls wieder überhaupt nicht klar waren, hier das spannendste Zitat aus dem Artikel:
>>[Im direkt vorangehenden Absatz ging es um die Kirchensteuerkritik von Atheisten oder kirchenfernen Kreisen]: Die Extreme scheinen sich zu berühren, heißt es doch im Mitteilungsblatt der FSSPX: „Das Modell der Piusbruderschaft selbst einzig und allein von freiwilligen Spenden finanziert werden, ist für den Konzilsapparat völlig undenkbar“ (es bleibt der FSSPX überlassen zu erklären, was das II. Vatikanische Konzil mit dem deutschen Kirchensteuersystem zu tun hat).
Beiden Extremen gemein scheint eine Sicht von einer zweifachen Kirche zu sein, was unweigerlich die Erinnerung an den protestantischen Rechtswissenschaftler Rudolph Sohm (1841-1917) wach werden lässt. Auf ihn geht die immer wieder ins Spiel gebrachte Trennung der Kirche in eine organisierte Körperschaft und eine geistige Gemeinschaft zurück. Dabei hat seine Lehre nichts mit der katholischen Lehre von der Kirche zu tun, sondern leitet sich von einer radikalen, rationalistischen und auch positivistisch orientierten Rechtskritik her. Für Sohm ist klar: „Das Kirchenrecht steht mit dem Wesen der Kirche in Widerspruch“. Er begründet diese mit einer absoluten Unterscheidung zwischen „sichtbarer“ und „unsichtbarer“ Kirche. Die Kirche Christi ist für Sohm allein „Ecclesia invisibilis“, die sichtbare Kirche dagegen identifiziert sich mit der Welt. Eine „Verrechtlichung“ der Kirche welcher Art auch immer ist für Sohm Kennzeichen ihres Verfalls.
Das Thema „sichtbare – unsichtbare Kirche“, dessen Diskussion seit dem Mittelalter nicht abreißt, fußt in der Sohmschen Formulierung in der Religionsphilosophie Immanuel Kants. Dieser schreibt in „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ (1793):„Ein ethisches gemeines Wesen unter der göttlichen moralischen Gesetzgebung ist eine Kirche, welche, so fern sie kein Gegenstand möglicher Erfahrung ist, die unsichtbare Kirche heißt (...). Die sichtbare ist die wirkliche Vereinigung der Menschen zu einem Ganzen, das mit jenem Ideal zusammenstimmt.
So fern eine jede Gesellschaft unter öffentlichen Gesetzen eine Unterordnung ihrer Glieder (...) bei sich führt, ist die zu jenem Ganzen (der Kirche) vereinigte Menge die Gemeinde, welche unter ihren Obern (Lehrer oder auch Seelenhirten genannt) nur die Geschäfte des unsichtbaren Oberhaupts derselben verwalten (...) Die wahre (sichtbare) Kirche ist diejenige, welche das (moralische) Reich Gottes auf Erden, so viel es durch Menschen geschehen kann, darstellt“.
Der Aufruf zur Kirchensteuerboykott seitens der Piusbruderschaft durch einen Austritt aus der Körperschaft öffentlichen Rechts bei gleichzeitigem Festhalten an der Zugehörigkeit zum Corpus Mysticum wirft somit Fragen auf, die in erster Linie mit der Wahrheit der Kirche und einer ihrer geschichtlichen Gestalten zusammenhängen. Diese Wahrheit aufzusprengen und Unsicherheit unter den Gläubigen zu schaffen, ist unweigerlich mit großen Gefahren verbunden. Vor allem scheint es sich um eine Absage zu handeln, aus dem Inneren der Kirche selbst berechtigte Kritiken an Systemelementen vorzubringen und in ihrem Inneren – ihrem ganzen Inneren – einen geistlichen Kampf aufzunehmen.<<
Womit noch nicht die Frage geklärt wäre, wieso jemand, der "draußen" ist, ebenfalls möglichst viele Katholiken auch draußen stehend sehen möchte, insofern er kein atheistisch militanter Kirchenfeind ist. Eine weitere Frage, die sich mir in den aktuellen Zusammenhängen auftut, lautet, wieso es für FSSPX-Sympathisanten offenbar politisch äußerst unkorrekt ist, wenn man eine Non-Possumus-Predigt von Bischof Fellay zitiert. Wobei es natürlich nie darum geht, dass Bischof Fellay tatsächlich gesagt hat: Wir können nicht, sondern darum, dass er zitiert wird, und das bedeute ein Vorpreschen oder whatsoever, jedenfalls eine ungehörige Missachtung der Entscheidung Roms, auf die immer noch gespannt gewartet werde (für Bischof Fellay galt diese Kritik selbstredend ja nicht .... ). Im Gegenzuge ist es auch völlig okay, natürlich, traditionsverbundenen Katholiken zum Kirchenaustritt aufzurufen, obwohl hier ebenfalls noch Gespräche mit Rom am Laufen sind. Double Standards?
Das nüchterne Fazit von Armin Schwibach lautet jedenfalls:
>>Es scheint bequemer zu sein, sich auf theologisches und rechtliches Glatteis zu begeben, was allerdings das Risiko mit sich bringt, immer mehr vom katholischen „sensus Ecclesiae“ wegzurutschen. Mit der von Papst Benedikt XVI. als geboten angesprochenen Entweltlichung hat dies nichts zu tun. Vielmehr werden wahre Reformbewegungen und Reformideen durch radikalisierte Zwei-Kirchen-Theorien in ihrer Verwirklichung behindert. Der Sache ist damit nicht gedient.<<
Und weil mir diese Hintergründe jedenfalls wieder überhaupt nicht klar waren, hier das spannendste Zitat aus dem Artikel:
>>[Im direkt vorangehenden Absatz ging es um die Kirchensteuerkritik von Atheisten oder kirchenfernen Kreisen]: Die Extreme scheinen sich zu berühren, heißt es doch im Mitteilungsblatt der FSSPX: „Das Modell der Piusbruderschaft selbst einzig und allein von freiwilligen Spenden finanziert werden, ist für den Konzilsapparat völlig undenkbar“ (es bleibt der FSSPX überlassen zu erklären, was das II. Vatikanische Konzil mit dem deutschen Kirchensteuersystem zu tun hat).
Beiden Extremen gemein scheint eine Sicht von einer zweifachen Kirche zu sein, was unweigerlich die Erinnerung an den protestantischen Rechtswissenschaftler Rudolph Sohm (1841-1917) wach werden lässt. Auf ihn geht die immer wieder ins Spiel gebrachte Trennung der Kirche in eine organisierte Körperschaft und eine geistige Gemeinschaft zurück. Dabei hat seine Lehre nichts mit der katholischen Lehre von der Kirche zu tun, sondern leitet sich von einer radikalen, rationalistischen und auch positivistisch orientierten Rechtskritik her. Für Sohm ist klar: „Das Kirchenrecht steht mit dem Wesen der Kirche in Widerspruch“. Er begründet diese mit einer absoluten Unterscheidung zwischen „sichtbarer“ und „unsichtbarer“ Kirche. Die Kirche Christi ist für Sohm allein „Ecclesia invisibilis“, die sichtbare Kirche dagegen identifiziert sich mit der Welt. Eine „Verrechtlichung“ der Kirche welcher Art auch immer ist für Sohm Kennzeichen ihres Verfalls.
Das Thema „sichtbare – unsichtbare Kirche“, dessen Diskussion seit dem Mittelalter nicht abreißt, fußt in der Sohmschen Formulierung in der Religionsphilosophie Immanuel Kants. Dieser schreibt in „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ (1793):„Ein ethisches gemeines Wesen unter der göttlichen moralischen Gesetzgebung ist eine Kirche, welche, so fern sie kein Gegenstand möglicher Erfahrung ist, die unsichtbare Kirche heißt (...). Die sichtbare ist die wirkliche Vereinigung der Menschen zu einem Ganzen, das mit jenem Ideal zusammenstimmt.
So fern eine jede Gesellschaft unter öffentlichen Gesetzen eine Unterordnung ihrer Glieder (...) bei sich führt, ist die zu jenem Ganzen (der Kirche) vereinigte Menge die Gemeinde, welche unter ihren Obern (Lehrer oder auch Seelenhirten genannt) nur die Geschäfte des unsichtbaren Oberhaupts derselben verwalten (...) Die wahre (sichtbare) Kirche ist diejenige, welche das (moralische) Reich Gottes auf Erden, so viel es durch Menschen geschehen kann, darstellt“.
Der Aufruf zur Kirchensteuerboykott seitens der Piusbruderschaft durch einen Austritt aus der Körperschaft öffentlichen Rechts bei gleichzeitigem Festhalten an der Zugehörigkeit zum Corpus Mysticum wirft somit Fragen auf, die in erster Linie mit der Wahrheit der Kirche und einer ihrer geschichtlichen Gestalten zusammenhängen. Diese Wahrheit aufzusprengen und Unsicherheit unter den Gläubigen zu schaffen, ist unweigerlich mit großen Gefahren verbunden. Vor allem scheint es sich um eine Absage zu handeln, aus dem Inneren der Kirche selbst berechtigte Kritiken an Systemelementen vorzubringen und in ihrem Inneren – ihrem ganzen Inneren – einen geistlichen Kampf aufzunehmen.<<
Womit noch nicht die Frage geklärt wäre, wieso jemand, der "draußen" ist, ebenfalls möglichst viele Katholiken auch draußen stehend sehen möchte, insofern er kein atheistisch militanter Kirchenfeind ist. Eine weitere Frage, die sich mir in den aktuellen Zusammenhängen auftut, lautet, wieso es für FSSPX-Sympathisanten offenbar politisch äußerst unkorrekt ist, wenn man eine Non-Possumus-Predigt von Bischof Fellay zitiert. Wobei es natürlich nie darum geht, dass Bischof Fellay tatsächlich gesagt hat: Wir können nicht, sondern darum, dass er zitiert wird, und das bedeute ein Vorpreschen oder whatsoever, jedenfalls eine ungehörige Missachtung der Entscheidung Roms, auf die immer noch gespannt gewartet werde (für Bischof Fellay galt diese Kritik selbstredend ja nicht .... ). Im Gegenzuge ist es auch völlig okay, natürlich, traditionsverbundenen Katholiken zum Kirchenaustritt aufzurufen, obwohl hier ebenfalls noch Gespräche mit Rom am Laufen sind. Double Standards?
Das nüchterne Fazit von Armin Schwibach lautet jedenfalls:
>>Es scheint bequemer zu sein, sich auf theologisches und rechtliches Glatteis zu begeben, was allerdings das Risiko mit sich bringt, immer mehr vom katholischen „sensus Ecclesiae“ wegzurutschen. Mit der von Papst Benedikt XVI. als geboten angesprochenen Entweltlichung hat dies nichts zu tun. Vielmehr werden wahre Reformbewegungen und Reformideen durch radikalisierte Zwei-Kirchen-Theorien in ihrer Verwirklichung behindert. Der Sache ist damit nicht gedient.<<
ElsaLaska - 8. Mär, 18:43
Ungute Verquickung
-Das Problem der Kirchensteuer in Deutschland(/Österreich)
-Die Agitation der Piusbruderschaft
Insbesondere in dem genannten Artikel scheint mir hier eine ungute Verknüpfung beider Themen entstanden zu sein. Die Kritik an der Kirchensteuer wurde in den letzten Jahren v.a. durch Prof. Hartmut Zapp und seinen Prozess befördert. Prof. Zapp steht nicht außerhalb der Kirche, sondern lehrt (offiziell und mit missio des (modernistischen) Erzbischofs) Kirchenrecht an der Uni Freiburg. Die von ihm aufgeworfene Problematik wurde von verschiedenen (innerkatholischen Gruppen) immer wieder aufgenommen und ins Auge gefasst und drückt die Verzweiflung von Katholiken aus, die mit ihrem Geld augenscheinlich nicht die Hierarchie der Kirche erhalten, sondern die öffentlich immer wieder (antikatholisch) in Erscheinung tretenden Gremien und Verbände des Deutschkatholizismus.
Die SICHTBARKEIT der Kirche besteht nun nicht im Kadavergehorsam gegenüber Allem, was von den Bischöfen gesagt und gemacht wird und auch nicht im braven bezahlen der Kirchensteuer, wie es von Schwibach hier suggeriert wird. Die Sichtbarkeit besteht im: Öffentlichem Glaubensvollzug (Ritus), in der öffentlichen Glaubensverkündigung und in der Hierarchie/apostolischen Sukzession (alles KKK 815).
Es geht hier also nicht um Kritik an der "sichtbaren" und durch die Materie beschmutzten Kirche zugunsten einer unsichtbaren Kirche (protestantischer(/fsspx!?)-) Auffassung, sondern darum, dass unser Episkopat und die von ihm geförderten Gremien die oben beschriebene Sichtbarkeit der Kirche unterminieren,- durch Aussagen wie: "Ich glaube nicht an die Kirche" (Lehmann) oder "Ob der Tod Christi ein Opfer war, ist so eine theologische Frage [...] Am Kreuz zeigt Christus uns in erster Linie seine Solidarität" (Zollitsch), um hier nur zwei Highlights von tausenden schrecklichen Aussagen aufzunehmen, die wir auch in Papierform überall finden können.
Der Kampf gegen die Kirchensteuer ist nicht eine Erfindung der Piusbrüder und es ist schade, dass das Thema nun wieder nur auf diesem Wege Öffentlichkeit erhalten hat, sondern sie ist ein genuin katholisches Anliegen zur vollkommenen Wiederherstellung (sic!) der Sichtbarkeit unserer Kirche.
@ed
Du stellst gleich zu Beginn fest:
>>Es handelt sich hierbei doch um zwei verschiedene Sachen:
-Das Problem der Kirchensteuer in Deutschland(/Österreich)
-Die Agitation der Piusbruderschaft<<
Richtig, die Kirchensteuerdebatte, wie sie von Zapp et al. geführt wird, ist von der Agitation der Piusbruderschaft zu trennen. Das ist aber ein Vorwurf, der nicht Schwibachs Artikel zu machen ist, sondern der Piusbruderschaft, in dem sie in ihrem Mitteilungsblatt den Aufruf zum Austritt auch mit Begründungen versieht plus Formular. Das zum einen.
>>Die Kritik an der Kirchensteuer wurde in den letzten Jahren v.a. durch Prof. Hartmut Zapp und seinen Prozess befördert. Prof. Zapp steht nicht außerhalb der Kirche, sondern lehrt (offiziell und mit missio des (modernistischen) Erzbischofs) Kirchenrecht an der Uni Freiburg. Die von ihm aufgeworfene Problematik wurde von verschiedenen (innerkatholischen Gruppen) immer wieder aufgenommen und ins Auge gefasst und drückt die Verzweiflung von Katholiken aus, die mit ihrem Geld augenscheinlich nicht die Hierarchie der Kirche erhalten, sondern die öffentlich immer wieder (antikatholisch) in Erscheinung tretenden Gremien und Verbände des Deutschkatholizismus. <<
Richtig. Das ist aber auch nicht Thema des Artikels. Auch bin ich mir nicht ganz sicher, ob Zapps Argumentationen sich so einfach reduzieren lassen, wie es FSSPX in dem Mitteilungsblatt tut, ich bin aber weder Juristin noch kenne ich seine Argumentation in allen Einzelheiten - es ist mir ein bisschen zu mühselig, denn scheinbar ist das eine furchtbar diffizile Diskussion, die hier aber nur als Agitationsinstrument vorgebracht wird, das ist das befremdliche daran.
Du schreibst weiter: >>Die SICHTBARKEIT der Kirche besteht nun nicht im Kadavergehorsam gegenüber Allem, was von den Bischöfen gesagt und gemacht wird und auch nicht im braven bezahlen der Kirchensteuer, wie es von Schwibach hier suggeriert wird<<
Ich konnte das nirgendwo finden. Dagegen finde ich diese Stelle:
>>Diese Wahrheit aufzusprengen und Unsicherheit unter den Gläubigen zu schaffen, ist unweigerlich mit großen Gefahren verbunden. Vor allem scheint es sich um eine Absage zu handeln, aus dem Inneren der Kirche selbst berechtigte Kritiken an Systemelementen vorzubringen und in ihrem Inneren – ihrem ganzen Inneren – einen geistlichen Kampf aufzunehmen<<
Und da steht " eine Absage .... aus dem Inneren der Kirche selbst berechtigte Kritiken an ihren Systemelementen vorzubringen und einen geistlichen Kampf aufnehmen". Nix von Kadavergehorsam, jedenfalls so wie Du den Begriff hier verwendest. Nix von bravem Bezahlen der Kirchensteuer (aber auch nicht das Gegenteil).
Zum Abschluss Deines Kommentars: Ja, aber es sind unsere Bischöfe, nicht die der FSSPX, oder? (Und ich bin sicherlich auch nicht mit manchem einverstanden, was unsere Oberhirten öffentlich schon gesagt haben. Die aber vermutlich auch nicht mit mir. Patt.)
>>Der Kampf gegen die Kirchensteuer ist nicht eine Erfindung der Piusbrüder<<
Volle Zustimmung.
Und wieso kommen sie jetzt deshalb damit hinten raus?
:-)
@elsalaska
>>Volle Zustimmung.
Und wieso kommen sie jetzt deshalb damit hinten raus?<<
Weil die von denen hier
www.kirche-ohne-kirchensteuer.de
gebeten wurden, ihre Aktion tatkräftig zu unterstützen. Es hat ein bisschen gebraucht, die Piusbruderschaft zu überreden. Ich bin mit beiden Seiten gut bekannt.
@elsalaska
Beispiel aus der Praxis
DAS war dann ja auch "dämlich"...
Wenn diejenigen, die sich immer an der bösen Piusbruderschaft abarbeiten müssen, diese Sache nicht so ans Licht gezerrt hätten, wäre das schnell versandet, weil ja außerhalb der eigenen Reihen kaum einer dieses zugegeben oft 'unbedarfte' Mitteilungsblatt in die Hand nimmt.
Liebe Elsa,
Das Problem am Schwibachartikel ist, dass er die fsspx als "kirchenferne Gruppe" betrachtet, aber außer ihrer Kritik am derzeitigen Kirchenapparat kein inhaltliches Merkmal ihrer Position festmacht, an dem sich die Position der fsspx von der zapps, oder der papsttreuen abheben würde. er stellt dadurch die "verweigerung der kirchensteuer" mit der theologischen zwei kirchen interpretation gleich und inkludiert damit auch nicht-piusse.
"Der Aufruf zur Kirchensteuerboykott seitens der Piusbruderschaft durch einen Austritt aus der Körperschaft öffentlichen Rechts bei gleichzeitigem Festhalten an der Zugehörigkeit zum Corpus Mysticum wirft somit Fragen auf, die in erster Linie mit der Wahrheit der Kirche und einer ihrer geschichtlichen Gestalten zusammenhängen."
Welche Fragen? Sie haben die eigene Position klargemacht und im MB sind exakt die von Zapp,etc. empfohlenen Schreiben drin, mit denen man Zugehörigkeit zur Kirche klarmacht und nur aus der Körperschaft (gerechtfertigt) austritt,- ohne dass man dafür belangt werden könnte (siehe dazu und zum genaueren Verständnis den weishaupt-artikel).
Die Einshätzung Schwibachs sich hier auf theologisch-rechtlichem Glatteis zu befinden teile ich definitiv nicht (siehe weishaupt,Zapp, vatican). Ebenfalls finde ich den Versuch wieder sehr reißerisch die piusse mit protestanten gleichzusetzen oder in verbindung zu bringen. wie hier verfehlt das i.d.r. die sache.
"Ja, aber es sind unsere Bischöfe, nicht die der FSSPX, oder?"
Um so schlimmer. Mit dem Amt erhöht sich auch die Verantwortung. Weiterhin ist die Diskussion so wichtig, weil ich noch nie Geld an die Piusse gezahlt habe, mir dementsprechend auch ziemlich egal ist, wie und was die piusse machen, weil ich da nicht persönlich drin hänge. Anders bei den Bischöfen, denn denen gebe ich mein Geld und fühle mich umso mehr verletzt, wenn sie es zur Zerstörung der Kirche einsetzen.
@ed
Nein! Eben nicht. Das Problem an Schwibachs Artikel ist, dass er weder gegen Zapp argumentiert, das wird nicht intendiert und wird ja auch nie dezidiert angesprochen, sondern dass er versucht, darauf hinzuweisen, wo wir hinkommen, wenn wir jetzt Hinz und Kunz (ich sags mal so flapsig) die Debatte über Kirchensteuer Ja oder Nein überlassen. Es ist würdig und recht, dass er mal auf die Wurzeln geläufiger Gegebenheiten und Schlagworte hinweist, es ist intellektuell auch mal einfach zur Kenntnis zu nehmen, woher sich gewisse Auffassungen generieren. Dies intendiert nach meiner Lesart noch keine Ablehnung von Zapp oder der innerkirchlichen Diskussion über das Leiden an der deutschen Kirchensteuer, die ja hier an anderer Stelle durchaus differenziert und hochklug geführt wird (unter dem Eintrag "Traditionalistische taz" zum Beispiel. Ich komme geistig nicht mehr ganz mit - zugestanden. Aber ich genieße es wirklich, intelligente und differenziert diskutierende Leser zu haben).
WAS er vielmehr versucht, ist, Leute vor geistlichem Schaden zu bewahren wegen dieser leidigen Geschichte. Diskutieren darüber, Stellungnahmen austauschen, schauen was wo warum, das ist völlig legitim. Etwas anders ist es, sich vor einen bestimmten Karren spannen zu lassen. Die FSSPX haben das erneut getan, und ich weise nochmals auf die Stelle im Artikel hin:>>Vor allem scheint es sich um eine Absage zu handeln, aus dem Inneren der Kirche selbst berechtigte Kritiken an Systemelementen vorzubringen und in ihrem Inneren – ihrem ganzen Inneren – einen geistlichen Kampf aufzunehmen.<< Daraus lese ich allerdings nicht, dass Schwibach den FSSPX grundsätzlich Kirchenferne unterstellt, sondern ein seinerseitiges Statement zum FSSPX-Kirchensteuer-Statement in ihrer DERZEITIGEN SITUATION, das sie ruhig einmal geistlich überdenken dürfen.
Man sollte generell nicht den Fehler machen, Schwibachs Äußerungen, übrigens auch nicht meinen eigenen, eine pauschale und ungerechte Schwarz-Weiß-Ideologie zu unterstellen, sondern versuchen, differenziert und reflektiert den Dingen auf den Grund zu gehen. Abschließend möchte ich für mich persönlich sagen, dass die FSSPX, denen ich an sich nicht feindlich gegenüberstehe, im Gegenteil, sich in letzter Zeit ziemlich enttäuschenderweise in meinen Augen intellektuell diskreditieren. Das ist jetzt mein persönliches Problem, bitte nicht dran hochziehen innerhalb dieser Debatte. Danke.
@Teresa, das Beispiel mit der Praxis ist nur allzu schlimm... gerade weil ich mir das so gut vorstellen kann... Aber klar, "bitte die Einkünfte in Höhe von ... an ... anweisen" würde ja Arbeit machen "und wenn da jeder kommen täte" etc. Naja.
Der kirchenrechtlich wahre Sachverhalt ist aber der, daß die Exkommunikation da in der Tat darauf steht. Der Austreter ist kein Abgefallener, das und nur das steht in dem immer wieder bezuggenommenen Dokument, aber er ist genauso exkommuniziert wie ein Beichtgeheimnisbrecher (der auch kein Abgefallener ist).
@Imrahil
Tatsächlich ist hier nicht der Ort, wieder mit dem üblichen Wehklagen zu beginnen. Es gibt überhaupt keine Motiviation dazu und ist absolut off-topic.
Dennoch ist es nicht erfreulich zu sehen, wie Bischöfe von einem Fettnapf in dem anderen tappen, aus egal welchem Bistum. Man hat es dann doch schon ein bisschen langsam sehr satt. Es gibt diverse Passagen aus Paulus-Briefen, die schon vorsichtshalber gar nicht mehr verlesen werden von gewissen deutschen Pfarrern. Mit Recht.
@Imrahil
dringend angebracht sind.
Aber das würde mich jetzt schon interessieren: Was meintest Du denn mit "Mit Recht" in Deiner Antwort auf @Imrahil?
@Elsa
Liebe Freunde,
Dementsprechend nun inhaltlich weiter:
@Imrahil: Entschudlige mein Falschzitat,- ich unterstelle dem Erzbischof nicht nur Häresie, sondern ich führe als Beweis dieses Video an, das noch schlimmer ist: https://www.youtube.com/watch?v=OYhyqsvbWaY
Ich würde niemals [!] jemandem etwas unterschieben wollen[!], aber Zollitsch hat seinen Modernismus gerade im Sinne Lamentabili (Ich erwähne nur Punkt 1., 2., 7., 19., 38.!!!!!, 41., 54., 65. bewiesen. Pascendi hab ich nicht im Kopf und ist zu lang, als dass ich sie hier nun noch durchmachen könnte, aber ich weise noch auf den von Zollitsch gern geführten Unterschiede zwischen Progressiv und Konservativ hin, der in "mortalium animos" eindeutig verurteilt wird.
@elsa: ich schätze die artikel von schwibach sehr, jedoch fühle ich mich gehalten hier gegen zu argumentieren:
"er versucht, darauf hinzuweisen, wo wir hinkommen, wenn wir jetzt Hinz und Kunz (ich sags mal so flapsig) die Debatte über Kirchensteuer Ja oder Nein überlassen"
-es ist schade, dass er das nicht in dieser form sagt, sondern eben in dezidiert pius-kritischer art widergibt, zumindest wird dieser zusammenhang durch die einleitung hergestellt! in neutraler gestalt würde mir diese Kritik weit besser gefallen, auch wenn ich sie inhaltlich weiterhin für falsch halte! inwiefern ist denn das schreiben (https://www.vatican.va/roman_curia/pontifical_councils/intrptxt/documents/rc_pc_intrptxt_doc_20060313_actus-formalis_ge.html) zweideutig??? wo kann man denn dort noch schwierigkeiten sehen oder einen spielraum für 2-kirchen-theologie, wie sie schwibach im letzten absatz seines artikels nennt?
"Dies intendiert nach meiner Lesart noch keine Ablehnung von Zapp oder der innerkirchlichen Diskussion über das Leiden an der deutschen Kirchensteuer, die ja hier an anderer Stelle durchaus differenziert und hochklug geführt wird"Eine Differenzierung hat hier nicht stattgefunden, sondern es wurden eben jene Argumente angegriffen, die von Zapp und allen anderen ins Feld geführt wurden. Schwibach bezieht sich auf nichts anderes.
"Vor allem scheint es sich um eine Absage zu handeln, aus dem Inneren der Kirche selbst berechtigte Kritiken an Systemelementen vorzubringen und in ihrem Inneren – ihrem ganzen Inneren – einen geistlichen Kampf aufzunehmen"
-Diese Aussage verkennt doch, dass die Piusse [richtig oder falsch...] sich innerhalb der Kirche sehen! Sie sind/glauben zu sien eben sehr wohl in der Kirche und versuchen sie deswegen von innen zu reformieren. Es geht und ging den Piussen und den Papsttreuen nie um die Etablierung einer neben-Hierarchie oder neuen theologie.
"Daraus lese ich allerdings nicht, dass Schwibach den FSSPX grundsätzlich Kirchenferne unterstellt" ????? Aus Schwibis Artikel: "Kirchensteuerkritik – geäußert von Atheisten oder kirchenfernen Kreisen"
Deine Antwort kann ich dementsprechend schlecht nachvollziehen.
Lieber ed,
Halten wir fest: Du hast ein Problem mit Piuskritik. Ich nicht. Es ist nämlich nicht so, dass man an unseren Bischöfen alles und jedes kritisieren darf, die FSSPX aber nicht, weil die ja alles richtig machten.
Zu dem von Dir verlinkten Schreiben, das angeblich nicht zweideutig sei: Richtig, es nicht zweideutig. Es ist absolut eindeutig. Es fällt nämlich kein einziges Mal das Wort Kirchensteuer, sondern es klärt, wie der Titel ja schon sagt, kirchenrechtlich den "formalen Akt des Abfalls von der katholischen Kirche".
Etwas ganz anderes ist aber der Verdruss über das System der deutschen Kirchensteuer, das ich selbst auch als problematisch empfinde. Ich finde allerdings auch, man darf es sich nicht zu einfach machen, nach dem Motto "Ich muss ja nur formal austreten" und schon ist die Beer geschält. Ist sie eben nicht. Und ich finde auch, man sollte den Leutchen nicht suggerieren, dass das auch voll in Ordnung sei.
bee von pagenotfound hat sich darüber ein paar Gedanken gemacht, die ich durchaus für empfehlenswert halte:
https://seitenichtgefunden.blogspot.com/2012/03/bose-s-worter.html
Was 38 betrifft, so untersagte er eine falsche Bibelauslegung ("Die Lehre vom Sühnetod Christi ist nicht evangelisch, sondern nur paulinisch"), was Erzbischof Zollitsch hier ebenfalls überhaupt nicht anspricht. Wenndann - ich rede jetzt mit einem gewissen Schmunzeln - kann man ihm ja die Leugnung des Sühnetods insgesamt vorwerfen, nicht aber, diese Lehre für "paulinisch und nicht evangelisch" [oder, for that matter, "nicht einmal paulinisch"] zu halten. Das Problem, daß einer den Inhalt des Evangeliums kennt und nicht lehrt, wird nicht von Lamentabili verurteilt und hat mit der spezifischen Häresie, die sich Modernismus nennt, auch gar nichts zu tun.
Soviel dazu. Nun hat Erzbischof Zollitsch aber auch den Sühnetod Christi nicht intentional geleugnet, sondern in einem Interview etwas gesagt, was er so nicht meinte, und sich dann kurz darauf über Internet korrigiert (man könnte das auch einen Widerruf nennen). Was nun Erzbischof Zollitsch überhaupt sagen *wollte*, ist so ziemlich die Position, die Max Auer in "Religion. Vorbereitung auf das Abitur in katholischer Religionslehre" beschreibt (habe ich jetzt nicht da, sinngemäß "selbstverständlich brauchte nicht Gott ein Sühnopfer, sondern Jesus entschied sich frei, sein Erlösungswerk mit der Hingabe seines Lebens zu krönen"), was an sich mit Häresie und Semihäresie nichts zu tun hat, auch wenn einem Erzbischof in einem Interview ein Mißgeschick passiert ist.
Und wenn tatsächlich etwas von dem Früheren nicht stimmt (wie der unsäglich mahnende Ton gegenüber nicht sündhaften weltlichen Vergnügungsveranstaltungen), dann kann man das entweder verschweigen oder muß es offen je nachdem entweder relativieren oder direkt leugnen.
Aber das sind alles Dinge, die man unter Klugheit und nicht unter Glaubenstreue abhandeln soll.
Ein Aspekt
Und dennoch gilt ja auch diese Exkommunikation für den bloßen Austritt aus der Körperschaft universell und nicht nur für D.
Was durchaus paradox genannt werden darf, wenn im Falle eines Wohnortwechsels ein oder zwei Landesgrenzen weiter, diese Exkommunikation sofort wieder aufgehoben werden würde, ohne daß sich irgendetwas in der Haltung des Betreffenden geändert hätte (insofern der "Austritt" das einzige "Vergehen" war).
Oder wenn umgekehrt ein kirchenrechtlich unbescholtener Katholik nach D zieht, und exkommuniziert würde, wenn er sich nicht standesamtlich für zugehörig erklärte.
Und man darf es schon als befremdlich ansehen, daß gerade für eine solch gravierende Strafe wie die Exkommunikation, ein de facto "Sondertatbestand" für zwei, drei Länder zulässig sein soll.
In Italien kommt ja auch keiner auf die Idee, Gläubige zu exkommunizieren,weil sie als Präferenz *nicht* die katholische Kirche als zu Begünstigenden des 0,8% - Modells angegeben haben.
Jedenfalls: Wenn der Hl. Stuhl diese deutsche Sonderform (Austritt aus der Körperschaft = schismatischer Akt) mit einem nihil obstat "absegnet", ist das eben hinzunehmen, ggf. auch als ein hart zu tragendes Kreuz wegen der Art der Verwendung des vielen Geldes, das vorwiegend von Menschen eingebracht wird, die der Kirche, ihrer Lehre und sogar ihrem Stifter den Rücken gekehrt haben.
Aber dazu wird man bald mehr hören. Lt. EB Zollitsch wir darüber mit Rom gesprochen und auch wird im Zappschen "Musterprozeß" irgendwann ein gültiges Urteil gesprochen.
Beides sollte man unbedingt abwarten. Die Warnung vor einem blinden Aktionismus ist völlig berechtigt.
Es besteht, nochmal, kein Sondertatbestand für die Exkommunikation (was früher nebenbei auch nicht unüblich war und auch heute möglich, vide can 1315; man kann auch in Amerika für einen Mord hingerichtet werden und in Deutschland nicht), sondern ein staatliches Verwaltungszwangsverfahren für die grundsätzlich in irgendwelchen Formen auch anderswo bestehende Kirchensteuerpflicht. Der Katholik als solcher denkt gar nicht an Austritt; die Steuer ist halt eine weitere Pflicht, die er erfüllen muß und die er ebensosehr wie andere Pflichten, die er erfüllen muß, auch hinterfragen kann.
Ich frage mich gerade was denn nun das von L.A. erwärnte "enttaufen" sein soll? Gibt es das in Italien wirklich? Und müßte dann ein solches "Sonderrecht" mit viel größeren Fragezeichen versehen (da es häretisch ist) als das vermeintliche Sonderrecht in Deutschland?
Sakramente sind nicht rücknehmbar, am wenigsten die Taufe.
Gut und Güter, statt innen und außen!
Ich verlinke hier noch auf das Seewald . Interview mit dem Papst von 2009:
https://www.kath.net/detail.php?id=22566
Neben der Feststellung der Wichtigkeit der Freiwilligkeit von Zahlungen an die Kirche, macht Benedikt XVI. , Papst Pius X zitierend, eine bemerkenswerte Unterscheidung zwischen den Gütern und dem Gut der Kirche.
Das ist eine ganz andere, als die im Artikel A. S. zitierte von Sohm, und sie berührt wohl weit mehr den Kern des Antriebs der Mehrheit der Gläubigen, die hier dem Kirchensteuersystem zweifelnd bis ablehnend gegenüberstehen.
Zur Auffrischung insgesamt sehr lesenswert!
@Imrahil
Bzgl. Zapps Rechtsweg: ja, da ist was dran, aber Rom steht im ja auch noch offen
@str
Ich hatte "enttaufen" so in Anführungszeichen aus dem Artikel zitiert, gemeint war, daß man in Italien gegenüber einer Kirchenbehörde eigens einen Antrag stellen muß, um sich aus dem Taufregister löschen zu lassen. (Da wir hier über diesen Artikel reden, dachte ich, alle hätten ihn auch gelesen, so sorry!)
Das hiesige "austreten" können via Standesamt ist und bleibt der Sonderfall.
Chesterton (original über den Selbstmord)
Ich erwiderte GKC:
Captcha: "sirs"
Kauf ich!
Ja, ganz strikt
"Ich hatte "enttaufen" so in Anführungszeichen aus dem Artikel zitiert, gemeint war, daß man in Italien gegenüber einer Kirchenbehörde eigens einen Antrag stellen muß, um sich aus dem Taufregister löschen zu lassen. (Da wir hier über diesen Artikel reden, dachte ich, alle hätten ihn auch gelesen, so sorry!)"
Keine Notwendigkeit, sich zu entschuldigen, wenn es so im Artikel stand.
Leider bin ich dadurch von dem berichteten nicht weniger angewidert, denn eine Löschung aus dem Taufregister ist entweder Häresie (ein Sakrament könnte man umkehren) oder Urkundenfälschung. Das ist ein viel schlimmerer Normverstoß als es die m.M.n. unproblematische deutsche Praxis jemals sein könnte.
L.A. und Imrahil,
klar wird entschieden werden. Oder auch nicht. Bis dahin gilt aber der Status quo. Und hoffentlich wird die Entscheidung nicht nur von oben herab erfolgen sondern auch die Bischöfe beteiligt. Sie haben es - ob unverschuldet oder selbstverschuldet - schwer genug, als daß sie auch noch solche Knüppel zwischen die Beine gebrauchen könnten.