Literarisches Blog
Dankenswerterweise hat Pro Spe Salutis auf einen Artikel in der Badischen Zeitung hingewiesen, in dem es um die Zukunft des historischen Ensembles geht, in dem der katholische Dichter und Schriftsteller Reinhold Schneider bis zu seinem Tod 1958 gelebt hat.
Als besonderes Zuckerl hat der Blogger noch wunderschöne Bilder eingestellt - und außerdem gibt es einen Auszug aus dem Essay "Lorettoberg" von Schneider.
Alles dann
hier.
PsS schlägt vor, die Kirche möge doch das Anwesen erwerben:
>>Ich meinesteils sehe hier auch die Kirche ein wenig in der Pflicht, sich zumindest Gedanken zu machen, ob man das Anwesen nicht erwerben sollte - schon aus Respekt diesem großen christlichen Geist gegenüber. Das Andenken Reinhold Schneiders zu pflegen und - gefährdet ist es ohnehin - in die Zukunft zu tragen kann nämlich durchaus als eine ehrenvolle Aufgabe der Kirche betrachtet werden; man schmückt sich ja auch sonst von Zeit zu Zeit gerne mit Schneider-Zitaten. Warum nicht ein katholisches Literaturarchiv einrichten, offen und von niederer Schwelle für eine interessierte Öffentlichkeit, gerne auch mit einem kleinen Café oder dem Angebot, im Garten um das Haus Atem holen zu können?<<
Eine wunderschöne Idee, lachen musste ich jedoch schon auch.
Ehrlich gesagt traue ich der deutschen Gremienkirche (die aber ansonsten für jeden genderbewegten oder ökologisch korrekten oder interreligiösen Humbug Geld hat), ein solch schönes und sinnhaftes Projekt gar nicht zu.
Aber vielleicht findet sich ja noch ein katholischer Privatinvestor?
[Und ja, ich kenne da ein paar Leutchen, die sich ideell sicherlich in solch ein Projekt gerne einbringen würden, mich eingeschlossen. ]
ElsaLaska - 19. Sep, 10:41
>>Eine Krimirezension verrät niemals den Täter. Diese doch: Schwester Immacolata war’s. Barbara Wenz deutet bereits im Prolog an, daß nicht heiteres Täterraten dramaturgisches Band des Farnese-Komplott sein wird. Nach einer Seite nur bricht diese Ordensfrau einem Schwerstverwundeten das Genick und zwei Zeilen später weiß der Leser auch: im Auftrag eines Farnese.
(…) Doch gleich im erst düsteren, dann aktionsreichen Auftakt zeigt sich, daß Barbara Wenz einen erzählerisch ambitionierten wie auch mehrschichtigen Roman intendiert – es wird ihr weitestgehend gelingen.
Ein wohltuender Kontrast zu all den Vatikanromanen, die allzugern nur verzerrende Klischees und gängige Falschurteile über Kirche und Vatikan, Klerus und Glauben feilbieten.
(…) An gegenwärtiger Kunst und Literatur, die man mit Fug und Recht katholisch nennen kann, mangelt es schmerzlich, erst recht an Belletristik. Zugriff!<<
Mehr dazu
hier auf den Seiten von Una Voce.
Die ausführliche Rezension von Uwe Postl zu meinem Krimi "Das Farnese-Komplott" erschien in der Una-Voce-Korrespondenz 3. Quartal 2014.
ElsaLaska - 17. Sep, 10:18
Vater sitzt Sonntag morgens, es ist früh, man schlief damals auch am Sonntag nicht aus, denn es galt den Kirchgang zu bewältigen, danach Frühschoppen für die Herren, während die Damen kochten - also er saß auf der Bettkante und mahlte Kaffee. Mit der buntbemalten Handmühle. Wer Kaffee wollte, drückte nicht irgendein Nespresso-Kapselteil wohin, er drückte auch nicht auf die Senseo, nein, er mahlte, also drehte an der oben angebrachten Kurbel. Das frisch gemahlene Kaffeepulver fiel in die hölzerne Schublade. Diese wurde entnommen. Mamma kochte mit Wasser vom eigenen Brunnen - und setzte einen Porzellanfilter auf eine Kanne, den sie mit Papier auskleidete. Und dann wurde mit kochendem Wasser schöpflöffelweise aufgebrüht.
Was gab es dazu? Ich weiß es nicht mehr. Unentbehrlich war sicherlich "Bärenmarke" im Kaffee - Brötchen gab es noch nicht an jeder Tankstelle - vielleicht ein Stück Kuchen, der am Sonnabend gebacken worden war.
Papa schwarzer Anzug, weißes Hemd. Mama vermutlich Kostüm, also Rock und Blazer. Ich irgendwas Albernes. Und dann in die Kirche. Männer rechts im Schiff, Frauen links. Singen war wichtig. Was komischerweise nicht gesungen wurde war das Vaterunser. Ich habe zum ersten Mal von einer serbisch-orthodoxen Freundin gehört, dass man dort das Vaterunser singen würde. Später, nach meiner Konversion, habe ich es so manches Mal in der katholischen Liturgie erlebt. Und immer fand ich es wunderschön. Weil es bei uns aber immer ernst, dumpf und getragen gesprochen wurde, musste dabei die Glocke läuten. Ein bisschen ein Ersatz dafür, dass in der katholischen Kirche die Straße weiter unten die Glocken bei der Wandlung läuteten. Beides hat freilich seine Berechtigung, aber als ich bemerkte, warum bei den "Anderen" und wann die Glocken läuten, kam ich mir ein bisschen vor wie beim Plagiat. Heute bemüht man sich - bei den Katholiken - , häufig schlechter zu singen, keine Psalmen zu beten und vermutlich erlebe ich es noch, dass die Glocke beim katholischen Gemeindegottesdienst nicht mehr zur Wandlung, sondern zum Vaterunser und zum Friedensgruß läuten wird.
Okay, ich übertreibe.
Aber nur deshalb, weil ich den protestantischen Gottesdienst meiner Kindheitserinnerungen mittlerweile wieder als wahrhaftiger erlebe, als so manchen angepassten katholischen Gottesdienst in einer deutschen Gemeinde (Ausnahmen sind gerne gesehen und bestätigen die Regel.)
ElsaLaska - 17. Sep, 00:05
Eine Geschichte hat keinen Anfang und kein Ende. Man wählt aus der Kette der Erlebnisse ganz willkürlich jenen Augenblick aus, von dem man entweder rückwärts oder vorwärts zu schauen gedenkt. "Man wählt", sage ich leichtfertig und mit der Überheblichkeit des Schriftstellers von Beruf, der - sofern ihm die Mitwelt überhaupt ernsthafte Beachtung geschenkt hat - wegen seiner Kunst des Erzählens mit Lob bedacht worden ist. Aber wähle ich wirklich aus eigenem, freiem Willen jenen finsteren, nasse Januarabend des Jahres 1946 und den Anblick von Henry Miller, der sich auf der Gemeindewiese unserer Londoner Villenvorstadt schräg gegen den in Strömen niederrauschenden Regen stemmte, oder wählten diese Bilder vielmehr mich? Nach den Regeln meines Handwerks ist es vorteilhaft und durchaus angebracht, gerade an diesem Punkt zu beginnen; hätte ich damals aber an einen Gott geglaubt, dann hätte ich auch daran glauben können, dass eine Hand mich am Ärmel zupfte und eine Stimme mir zuraunte: "Sprich ihn an! Er hat dich noch nicht gesehen."
Weshalb hätte ich ihn denn ansprechen sollen?Wenn das Wort "Hass" nicht zu gewichtig ist, um im Zusammenhang mit irgendeinem menschlichen Wesen gebraucht zu werden, dann hasste ich Henry, hasste ich auch seine Gattin Sarah, und er, so vermute ich, kam bald nach den Ereignissen jenes Abends so weit, dass er mich hasste - wie er zuzeiten sicherlich auch seine Frau gehasst haben muss und jenen anderen, an den wir uns zu unserem Glück damals noch nicht glaubten. Dies ist also viel eher eine Geschichte des Hasses als eine der Liebe, und wenn ich darin irgendetwas zugunsten Henrys oder Sarahs sage, so kann man meinen Worten getrost Glauben schenken. Ich bringe sie nämlich entgegen meinem Vorurteil zu Papier, weil es mein Berufsstolz ist, lieber so weit wie nur möglich bei der Wahrheit zu bleiben, als meinen den Hass verwandten Gefühlen freien Lauf zu lassen.
ElsaLaska - 14. Sep, 13:26
hat meine Idee, die Seite Eins zumeist vergessener Literatur - bei mir waren es Erzählungen von Reinhold Schneider -
aufgegriffen und präsentiert heute seinerseits als erste Seite eins:
Paul Claudel: Der Seidene Schuh.
ElsaLaska - 5. Sep, 19:09
[Seite Eins]
Daß dir im Sonne-Sehn vergehet
das Gesicht,
Sind Deine Augen schuld und nicht
das große Licht. (Angelus Silesius)
In einer Dezembernacht, die mit heftigen Stürmen über die Kastilische Hochebene und die Stadt Avila dahinzog, wurde der Bruder Johannes vom Kreuz durch drohende Schläge an der Haustür geschreckt. Er hatte in einer Atempause des Sturmes gehört, wie Männerschritte die Gasse hinabeilten; wie so oft schon in den letzten Wochen war ihm der Gedanke gekommen, dass diese Schritte ihm galten, und dass jetzt endlich das so lange Befürchtete eintreten werde; aber nun, als das schwache Häuslein, in dem der Bruder als Beichtvater der Karmelitinnen mit einigen Mönchen und Priestern wohnte, erzitterte, war er doch erstaunt, wie wenig er vorbereitet war. Er hatte ,wie immer, die abgelaufene Hälfte der Nacht betrachtend und betend verbracht; neben ihm auf dem Tisch lagen einige Bündel Briefe unter losen Papieren; es war ein seltsames Glück, dass das Kohlenbecken noch nicht ganz erloschen war. Er schob die Briefe unter die matte Glut - kaum konnte er noch die Schriftzüge verehrter Ordensleute, für deren Los er in diesem Augenblick Verantwortung trug, unterscheiden; das Feuer zuckte gierig auf, und er sah noch die männlich-klaren Zeichen der Mutter Theresia aus der Asche hervortreten. Aber nun hörte er unten die hastigen Schritte des Pförtners, die polternden Eindringlinge, und wie einige Stimmen laut seinen Namen riefen. Auf dem Tisch lagen einige Streifen Papiers, auf denen er mit winziger Schrift Ahnungen über die letzten Geheimnisse aufgezeichnet hatte; wie die liebende Seele in der Vereinigung mit Gott und unter Gottes umgestaltender Kraft ihm gleich werde und als Gott erscheinen könne; er rollte die Streifen zusammen und schlang sie hinunter.
ElsaLaska - 2. Sep, 13:20
Der Gefangene hörte den Gesang nun wieder, mit dem der Tag begonnen hatte; halbgeschlossenen Auges an dem schmalen offenen Fenster sitzend, sah er auch die Gestalten der Singenden wieder, wie er sie am Morgen gesehen: die abgezehrten Mönche der Kartause, die in der Gefangenschaft unbeschreibliche Erniedrigung erlitten hatten, wurden zum Tode geführt, weil sie sich dem Willen des Königs nicht beugten und den Eid auf seine Oberhoheit über die Kirche Englands nicht leisten wollten. Freude lag auf den bleichen Gesichtern , und Siegeszuversicht tönte aus ihrem Gesang, während sie zwischen den Gewaffneten über den Hof des Tower zum Tore schritten. Thomas Morus hatte seiner Tochter, die an seiner Seite am Fenster stand, das strenge Büßerleben der Mönche gerühmt, das sie so wohl vorbereitet hatte auf die schwerste Stunde ihres Lebens. Aber nun, in der späten lauen Abendstunde kehrte der Gesang in der Erinnerung wie aus einem andern Reiche zurück; die ehrwürdigen Väter mussten längst ausgelitten haben auf der Richtstätte; sie bedurften des Mutes und des heiligen Willens nicht mehr, die ihnen auf dem letzten Gange Kraft gegeben hatten; ihre Stimmen waren die Stimmen Verklärter, die den Herrn priesen und seine geheimnisvolle, gnadenhafte Macht. Ihnen war das Licht offenbar geworden während unten auf der Erde das Licht ihres letzten Leidenstages erlosch; tröstend neigte sich der Gesang herab.
[Wieder eine herausragende erste Seite - aus dem Erzählband "Die dunkle Nacht" von R. Schneider]
ElsaLaska - 1. Sep, 10:47
Buch II, Kap. 12
Trägst du das Kreuz gern, dann trägt es dich und wird dich zum ersehnten Ziel führen, dorthin, wo das Leiden ein Ende hat. Das ist freilich hienieden nicht der Fall. Trägst du das Kreuz ungern, so belastest du dich noch mehr, und aushalten musst du trotzdem. Wirfst du ein Kreuz ab, wird dir ohne Zweifel ein anderes begegnen, das vielleicht noch schwerer zu tragen ist. Glaubst du, du könntest ihm entgehen? Noch kein Sterblicher hat es fertig gebracht. Welcher Heilige hat in dieser Welt ohne Kreuz und Leid gelebt? Nicht einmal Jesus Christus, unser Herr, war zeitlebens auch nur eine Stunde ohne Schmerz und Leid. „Christus", sagt die Schrift, „musste leiden, von den Toten auferstehen und so in seine Herrlichkeit eingehen" (Lk 24,26.46). Wie kannst du einen anderen Weg suchen als diesen Königsweg des heiligen Kreuzes?...
Gleichwohl lebt der so vielfach geprüfte Mensch nicht ohne den erleichternden Trost. Er sieht, dass ihm das ruhig getragene Kreuz einen sehr reichen Gewinn einbringt. Indem er sich ihm willig unterwirft, wandelt sich die ganze Last der Trübsal in die Zuversicht, dass ihm der göttliche Trost geschenkt werde… Doch ist das nicht die Kraft des Menschen, sondern die Gnade Christi, die in einem gebrechlichen Geschöpf solche Leistungen zustande bringt. Wovor er von Natur aus zurückschreckt und was er flieht, an das macht er sich in der Glut des Geistes heran und umfängt es mit Liebe.
Es liegt dem Menschen nicht, ein Kreuz zu tragen, das Kreuz zu lieben… Wenn du auf dich selbst zählst, wirst du nichts von alledem zustande bringen. Vertraust du aber auf Gott, dann wird die Kraft des Himmels dir zuströmen, und du wirst Herr werden über die Welt und den Leib. Ja selbst den teuflischen Feind wirst du nicht zu fürchten haben, wenn du die Waffenrüstung des Glaubens trägst und mit dem Kreuze Christi bezeichnet bist.
ElsaLaska - 31. Aug, 13:49
"Von den Städten der Lombardei bis in die viel heimgesuchten Seestädte Unteritaliens verbreitete sich Jubel über die Nachricht, dass der Heilige Vater nun endlich, im vierten Jahre seines tatenreiches Pontifikates, den Kriegszug gegen die verhassten Normannen antreten werde. Einige wenige nur äußerten Bedenken, dass ein hoher heiligmäßiger Mann, der nach seiner Wahl zum Nachfolger des Apostels barfuß die Ewige Stadt betreten hatte, an der Spitze eines, wie es hieß, großen und glänzenden Heeres schwäbischer Ritter über die Alpen aus Deutschland zurückkehre, wo er zu Worms an der Seite des mächtigen Kaisers Heinrich III. das Weihnachtsfest gefeiert hatte. Es stehe, meinten diese wenigen Frommen, dem demütigen christlichen Sinne des Oberhirten nicht an, das Schwert zu führen. Alle anderen waren glücklich darüber, dass der Heilige Vater der schweren Aufgabe, auch im äußeren Leben der Völker Ordnung zu stiften, nicht auswich, so wie er Tag und nicht mit verzehrendem Eifer und zum Schrecken und Zorn der Nachlässigen bemüht war, den Geist reinen, glühenden Dienstes in der Kirche wieder zu entzünden; auch priesen sie den Umstand, dass der Papst offenbar dem Kaiser zuvorkommen und der Verwirrung in Süditalien steuern wolle, ehe der Kaiser selbst über die Alpen ziehe, die überall geschehenen Frevel ahnde und aufs neue seine Herrschaft begründe"
[Das nenne ich mal eine erste Seite.]
ElsaLaska - 30. Aug, 10:33
als Neuauflage - einen guten Überblick gibt dieser Artikel:
>>Das Römische Weltreich war das dauerhafteste politische Gebilde, das die Menschheit bislang hervorgebracht hat. Von den Siegen über Karthago und die hellenistischen Könige um 200 v. Chr. bis zur Absetzung des letzten weströmischen Kaisers 476 sind es fast 700 Jahre, bis zum Zusammenbruch des von Justinian restaurierten Imperiums mehr als 800 Jahre, in denen Rom der Maßstab für Macht, Kultur und Zivilisation war. Wenn seitdem über Aufstieg und Fall großer Mächte nachgedacht wurde und wird, steht daher immer der Fall Roms Pate.<<
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ElsaLaska - 2. Aug, 21:00