In einen Telefonat mit meiner Mama
habe ich gestern erfahren, dass sich mein Vater mit nun fast 80 Jahren erneut einer Herzoperation unterziehen muss und auch will.
Nach drei oder vier Herzinfarkten, drei Bypassoperationen, teilweise sehr schwere und langandauernde OPs, dem missglückten Versuch, einen Herzschrittmacher einzusetzen (Bakterien gerieten ins Herz) - ich glaube mein Vater bricht den planetenmäßigen Rekord am Klinisch-Tot-Gewesensein, das letzte Mal konnten sie ihn vor 12 Monaten mit Mühe und Not wieder zurückholen, während einer Darmspiegelung setzte das Herz aus.
Und jetzt also eine Herzklappen-OP. Sein Märtyrium geht jetzt schon an die dreißig Jahre. Die Herzklappen-OP sei angeblich notwendig, weil sich immer wieder Wasser in den Beinen und in der Lunge ansammelt, ich konnte mich noch nicht ausreichend informieren, fahre aber bald nach Deutschland.
Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, wie ein Arzt auf dieser Welt eine solche OP an meinem Vater eigentlich noch rechtfertigen möchte. Er ist zu einem kleinen Häufchen zusammengeschrumpft, die Beine sind elefantös - gut, das konnten sie jetzt wohl beheben im Krankenhaus, das Wasser ist eingedämmt soweit - der Mann überlebt ja nicht mal mehr eine Darmspiegelung.
Die Medikamente, die er täglich einnehmen muss, brauchen den Platz eines halben Küchenschranks und die Kosten für sie belaufen sich auf das Jahresgehalt eines Hilfsarbeiters. In 30 Jahren (nicht nur Herzkrankheiten, sondern auch Krebs, Grünem Star, Diabetes, Darmblutungen, Taubheit, was weiß ich) müssen sich diverse Leute an ihm zu Millionären verdient haben. Während seine letzte verbliebene Schwester sich schon aus unserer Gegenwart verabschiedet hat, und relativ glücklich in ihrer persönlichen Nacht wirkt, die mir sehr hell vorkommt, steht er auch schon mit einem halben Bein auf diesem Pfad - nur dass seiner sehr dunkel zu scheint, er hat bösartige Phasen. Und wie ich weiß, hat er Angst.
Ich habe auch Angst, aber nicht um ihn. Dass sie ihn im Verlauf einer OP nicht mehr zurückholen könnten, scheint mir nicht das Schlimmste, was ihm noch passieren kann.
Nein, ich habe Angst, ihm keinen Mut mitgeben zu können. Ich habe Angst, etwas zu versäumen, was ich hätte tun sollen. Ich habe Angst, dass mich die üblichen und notwendigen Behördengänge und - abklärungen in Deutschland, die außerdem noch anstehen mitsamt ihrem ganzen Verdruss, nicht offen sein lassen, nicht geduldig mit ihm sein lassen.
Ich habe Angst, in dem Alltag, der mich dort erwartet, nicht mein Augenmerk auf das Wesentliche halten zu können.
Nach drei oder vier Herzinfarkten, drei Bypassoperationen, teilweise sehr schwere und langandauernde OPs, dem missglückten Versuch, einen Herzschrittmacher einzusetzen (Bakterien gerieten ins Herz) - ich glaube mein Vater bricht den planetenmäßigen Rekord am Klinisch-Tot-Gewesensein, das letzte Mal konnten sie ihn vor 12 Monaten mit Mühe und Not wieder zurückholen, während einer Darmspiegelung setzte das Herz aus.
Und jetzt also eine Herzklappen-OP. Sein Märtyrium geht jetzt schon an die dreißig Jahre. Die Herzklappen-OP sei angeblich notwendig, weil sich immer wieder Wasser in den Beinen und in der Lunge ansammelt, ich konnte mich noch nicht ausreichend informieren, fahre aber bald nach Deutschland.
Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, wie ein Arzt auf dieser Welt eine solche OP an meinem Vater eigentlich noch rechtfertigen möchte. Er ist zu einem kleinen Häufchen zusammengeschrumpft, die Beine sind elefantös - gut, das konnten sie jetzt wohl beheben im Krankenhaus, das Wasser ist eingedämmt soweit - der Mann überlebt ja nicht mal mehr eine Darmspiegelung.
Die Medikamente, die er täglich einnehmen muss, brauchen den Platz eines halben Küchenschranks und die Kosten für sie belaufen sich auf das Jahresgehalt eines Hilfsarbeiters. In 30 Jahren (nicht nur Herzkrankheiten, sondern auch Krebs, Grünem Star, Diabetes, Darmblutungen, Taubheit, was weiß ich) müssen sich diverse Leute an ihm zu Millionären verdient haben. Während seine letzte verbliebene Schwester sich schon aus unserer Gegenwart verabschiedet hat, und relativ glücklich in ihrer persönlichen Nacht wirkt, die mir sehr hell vorkommt, steht er auch schon mit einem halben Bein auf diesem Pfad - nur dass seiner sehr dunkel zu scheint, er hat bösartige Phasen. Und wie ich weiß, hat er Angst.
Ich habe auch Angst, aber nicht um ihn. Dass sie ihn im Verlauf einer OP nicht mehr zurückholen könnten, scheint mir nicht das Schlimmste, was ihm noch passieren kann.
Nein, ich habe Angst, ihm keinen Mut mitgeben zu können. Ich habe Angst, etwas zu versäumen, was ich hätte tun sollen. Ich habe Angst, dass mich die üblichen und notwendigen Behördengänge und - abklärungen in Deutschland, die außerdem noch anstehen mitsamt ihrem ganzen Verdruss, nicht offen sein lassen, nicht geduldig mit ihm sein lassen.
Ich habe Angst, in dem Alltag, der mich dort erwartet, nicht mein Augenmerk auf das Wesentliche halten zu können.
ElsaLaska - 5. Jan, 23:08
Liebe Elsa,