Italien Blog
Es regnet seit ich hier bin. Vorher hat es aber auch geregnet, wahrscheinlich den ganzen Dezember durch.
Heute regnet es. Man sieht kaum bis zum Eukalyptusbaum runter. Die Täler zu beiden Seiten verschwinden im Dunst. Richtung Meer keine Chance.
Exakt dieses Wetter war, als ich das Haus zum ersten Mal besichtigte. Auch Mitte oder Ende Januar, im Jahr 2001 muss es gewesen sein. Den Meerblick, den es gäbe, wie man mir versicherte, und den ich mitbezahlte, hab ich den Vorbesitzern nicht wirklich abgenommen. Aber als ich im März kam, um den Vorvertrag zu machen, hatte ich ein Haus mit Panoramablick. Ich hoffe, ich muss jetzt nicht bis März auf freie Sicht und Sonnenschein warten.
Das Google Wetter sagt jedenfalls stur weiterhin Regen bis Samstag voraus.
Die Menschen sind schon so deprimiert, dass man nur mit Rasul irgendwo lang laufen muss und sie können sich begeistern, einfach, weil es mal was anderes ist, was zum Freuen. Fällt richtig auf.
ElsaLaska - 21. Jan, 14:31
Zwei Stunden auf der Bank. Konto estero schließen, italienisches Konto aufmachen. Davon eine mit dem schönsten Mann, den ich je gesehen habe. Toga an und fertig, vielleicht Lorbeerkranz noch, jetzt aber graue Locken, vor Jahren damals noch rabenschwarze. Klassischer Römer. Danach wollte ich eigentlich kein Wort mehr Italienisch sprechen für heute, aber La Nonna hat mich abgepasst, ob ich noch auf einen caffè reinkomme. Na gut also. Erzählt sie mir, dass für Armando ein Sterbeamt am Sonntag ist. Erzählt sie mir aber nicht, damit ich komme. Nicht deshalb! Sage ich: Ich will aber kommen. Also Sonntag halb zehn Heilige Messe für Armando, wichtiger Termin.
Niemand geht mit ihr irgendwohin, seit Armando tot ist. Die Kinder, naja. Leben zwar mit dabei, aber am Sonntag in die Kirche: Nee. Dazu muss man sagen, sie ist eine, ich bin mit ihr ja ein paarmal auf den Friedhof gefahren: Alte Schule. Kommen wir an einer Kirche vorbei, es wird sich bekreuzigt. Vorm Betreten des Friedhofs sowieso. Beim Rausgehen. Immer und überall. Die Schwiegertochter? Geht nie in die Kirche.
Aber Sonntag! 150 Euro hat sie gezahlt, da ist Sterbeamt. Sage ich: Und da fahren die dich aber schon hin? Ja, da gehen alle hin. Du musst nicht kommen, deshalb habe ich es dir nicht erzählt. Sage ich: Ich will aber kommen.
Gell, sagt sie, der Armando, der hat dich schon furchtbar lieb gehabt. Sage ich: Ich den doch auch.
Sie: Aber nicht so. Hat er dir viele Grüße ausgerichtet, als er schon im Sterben lag.
Sag ich: Sonntag halb zehn. Wiederhole den Namen der Kirche. Bin ich da.
Ehrensache.
Bitte um Gebet für Armando am Sonntag. Für wen Ehrensache, Ehrensache. Für wen nicht, auch okay. Kurzer Gedanke genügt auch.
ElsaLaska - 15. Jan, 21:43
Weil ich ja vor Weihnachten kein Gas mehr geliefert bekam, setzte ich am Montag erstmal einen urgente-Telefonanruf ab und konnte es kaum fassen, als tatsächlich am gleichen Vormittag noch geliefert wurde, und zwar ohne Verhandeln und Feilschen 3 Cent billiger als zum vereinbarten Preis Mitte Dezember.
Das Gas ist auch dringend nötig gewesen. Der Tank jetzt voll. Holz ist auch noch genügend da. Heute habe ich auch die nötigsten Einkäufe getätigt, frisches Gemüse und Obst, war schon in der Kirche und habe langsam das Gefühl, angekommen zu sein.
Der Wettervorhersage - ich gebe ja nichts auf italienische Wettervorhersagen, schaue sie mir aber aus Tradition an - entnehme ich, dass sich die nächsten drei Tage hier nichts ändern wird. Nieselregen, dichte Wolkendecke, Nebel.
Besonders schön wieder die Wetterbildchen im Corriere: alle drei Tage identisch gezeichnet, nur für übermorgen haben sie mit der Datumsangabe gepennt und statt 15. Januar den 15. Dezember genommen, wahrscheinlich, weil das Bildchen vom 15.12. grad identisch war mit dem gemeldeten Wetter für übermorgen (und dieses identisch mit dem von heute und morgen).
Ich hab trotzdem vor, ans Meer runter zu fahren, so schnell es geht.
ElsaLaska - 13. Jan, 15:15
Neues zum Fall
Eluana Englaro. Ein Artikel auf Tagespost-online:
"Würde oder Selbstbestimmung".
ElsaLaska - 21. Dez, 11:54
ist ein Feiertag in Italien. In Loreto singen sie die Lauretanische Litanei. Im Städtchen auf der anderen Seite des Tales ist eine Schokoladenmesse. Auf dem Weg dahin halte ich an ein paar Mülleimern am Wegesrand, um meinen Müll zu entsorgen. (Wir haben hier keine Abfuhr direkt am Haus, dafür halten sich dann auch die Müllgebühren in Grenzen und man wird nicht zur Unzeit durch irgendeinen Höllenlärm am Haus geweckt). Ich steige aus und bringe meinen Tüten unter. Von weitem kommt eine sehr alte Frau die Straße hochgelaufen, ganz in schwarz. Obwohl es recht steil bergauf geht, braucht sie ihren Stock nicht, sie hat in sich unter den rechten Arm geklemmt. In der linken Hand, so erkenne ich, als sie näherkommt, hält sie einen schneeweißen Rosenkranz. Ich vermute, dass sie zur Messe im Tal war und jetzt nachhause läuft. Sie ist völlig ins Gebet versunken und braucht einen Moment, bis sie auf meinen freundlichen Gruß antwortet.
Im Städtchen ist noch recht wenig los, ich gehe auf den kleinen Weihnachtsmarkt und verweile an den köstlichen kleinen Probierständen mit Wein, Olivenöl, Käse und Honig. Zwei Flaschen Verdicchio Riserva kaufe ich ein und zwei kleine Fläschchen Raggia-Öl, außerdem Käse und eine hervorragende Salami. Danach gehe ich für ein kurzes stilles Gebet in die Kirche. Außen an der Kirche informiert mich eine Marmorplatte darüber, dass sich am 8. Dezember 1954 die ganze Stadt und all ihre Bürger der Maria Immaculata geweiht haben.
Ich besichtigte das Atelier eines alten Künstlers, der Skulpturen aus Holz anfertigt und in einer winzigen Höhle am Ende seiner Werkstatt liebevoll eine kleine beleuchtete Weihnachtskrippe installiert hat. Gerne werfe ich ihm ein bisschen Kleingeld in den bereit gestellten Gabenkasten.
Auf dem Rückweg zum Auto mache ich nochmal an einem Stand mit Glühwein und Röstkastanien halt. Der Glühwein ist fast schwarz, wird in einem riesigen gasbefeuerten Kupfertopf warm gehalten und ist der ganze Stolz des Opas, der ihn mir ausschenkt. Er schimpft ein bisschen, weil ich mir am Becher die Finger verbrenne - ich habe Tüten in der anderen Hand - deshalb hilft er mir und wickelt mir sorgfältig die Serviette drum. Endlich kann ich einen Schluck nehmen. (Ich bin derzeit die einzige Kundin). Und weil ich mein Behagen über den wohltuenden Wein lautstark und enthusiastisch kundtue, fühlt er sich animiert, seinen Glühwein nun den Passanten als den allerbesten Glühwein weit und breit anzupreisen.
Die Sonne versinkt und überzieht die Appeninausläufer am Horizont mit einem Feuerwerk aus Aprikosen- und Pflaumentönen. Und ich frage mich, wer eigentlich wen gefunden hat, damals, als es mich hierher verschlug, in dieses paese piu bello del mondo: ich die Landschaft - oder habe ich mich von ihr finden lassen?
ElsaLaska - 8. Dez, 18:23
mit schweren Regenfällen getobt hat, ist Venedig also
tatsächlich im Rekordhochwasser versunken (das natürlich keiner vorausgesehen hat - was mich nicht wundert bei der Qualität der italienischen Wettervorhersagen).
Erst war ich ja noch genervt von dem Dauerorkan, dem andauernden Wetterwechsel, mal Sonne mit Orkan, mal Regensturm, aber seit ich den Nachbarn nebenan mit der Motorsäge im Siff und im Dunklen hantieren höre, weil es wahrscheinlich eine seiner alten Pinien von der Zufahrt mal wieder umgeschmissen hat, bin ich doch wieder ganz zufrieden, wenigstens heute Abend im Warmen und fast zugfreien Zimmer zu sitzen.
ElsaLaska - 1. Dez, 18:50
(Man sagte mir, es gehe nicht, dass ein Netgear Wireless LAN Router versagen könne, ganz sicher würde man ihn erfolgreich installieren können, selbst wenn ich es schon selbst versucht hätte und aufgeben musste, da dieser Netgear-Mistkram nichtmal meine ADSL-Verbindung erkennen konnte). Auftritt Techniker am Hoftor: Ein Auto steht am anderen Ende des Grundstücks, ich denke mir, vielleicht die Post. Dann klingelt das Festnetztelefon: Hallo, ich bin der Internettechniker, ich stehe vorm Hoftor, kann ich rein? Ich: Äh, Scusi, ich komme wirklich sofort, schnellstens. Der Techniker: Ma, aber das hat keine Eile, lassen Sie es doch gemütlich angehen.
Ich gehe also gemütlich vors Hoftor, wo Rasul schon sich in allen Farben den neuen Spielgefährten ausmalt, in Gestalt eines Technikers. Er läuft parallel neben ihm her und reißt ihm am Jackenärmel rum. Hey, Mann, Rasul, es langt jetzt. Mach Platz, Saftnase! Rasul macht gehorsam Platz. Der Techniker (höflich): Permesso? Jaja, kommen Sie rein. Ich zeige ihm meinen Staubsauber -
Eh, Scusi, hab geputzt, das Haus liegt in Trümmern.
Der Techniker (dick, gutmütig): Naja, jeder putzt am Samstag, nicht wahr, machen Sie sich keine Gedanken. Ich gehe hoch mit ihm, zeige ihm mein Modem, das Notebook, erkläre, dass ich einen Router möchte und W-Lan. Va bene, kein Problem. Ob ich den Router da hätte?
Nein, äh, ich hatte doch im Geschäft erklärt, man möge ihn zur Installation mitbringen? Achso. Nun, er jedenfalls hätte ihn nicht dabei, aber kein Problem, wir können das am Montag machen.
Der Hund will spielen, eh?
Ich: Ja, er will immer spielen, aber er darf nicht immer spielen, weil, mit so einem großen Hund ...
Techniker: ... fehlt ja dann mal was...
Ich: Nagut , also bis Montag.
Techniker: Schönes Wochenende und ... ja, der ist schon groß. Mit fünf Jahren wächst der noch, oder?
Ich: Jaja, der wächst noch, keine Sorge.
Techniker: Ich freue mich auf Montag, 10 Uhr, nicht vergessen ..Der ist so groß, wenn der spielt ist das gefährlich, was? Da fehlt schnell mein Arm, so groß wie der ist...
Ich: Hm, ja, das ist das Problem, aber er will immer spielen, und das ist schon gefährlich genug.
Techniker (mittlerweile am Hoftor): Und wie ist das Wetter in Deutschland?
Ich (was ich immer sage): Schnee, Eis, Nebel, Regen.
Techniker (bestürzt): Ich habe einen Freund, der hat in Germania gearbeitet, der sagt auch immer solche furchtbaren Sachen. Und dass es nicht hell wird im Winter.
Ich: Si, es fehlt das Licht im Winter, es wird nicht hell.
Techniker: Naja, letztes Jahr war es im Winter immer so wie heute: Schön hell - gell, und warm auch noch. Der Hund ... Sehr gehorsam,er hat Platz gemacht und bewegt sich seither nicht mehr...
Ich: Si, er ist gehorsam, bei einem Hund dieser Größe...
Techniker: ... wäre alles andere gefährlich, natürlich. Ein toller Hund. Bis Montag dann und schönes Wochenende!
ElsaLaska - 29. Nov, 21:48
Ich dachte eigentlich von mir, mich sehr gut in den kulinarischen Traditionen dieser Gegend Italiens auszukennen, aber heute stieß ich auf den Flyer für eine Ankündigung zum Fest der cicerchia. Die cicerchia sei eine sehr alte Pflanze, ein typisches Arme-Leute-Essen (wie vieles in der italienischen Küche), vornedrauf war eine äußerst mysteriöse botanische Zeichnung dieser Pflanze, die ich beim besten Willen nicht identifizieren konnte.
Die Gerichte aus der cicerchia schienen mir vielversprechend, ließen aber keine Rückschlüsse zu - eventuell Hülsenfrucht, mutmaßte ich.
Es gibt neben vielen anderen Gerichten:
- Bruschette aus Cicerchien-Brot mit Olivenöl, mit Trüffeln, Tomaten, Olivensalsa
- Chitarrine (eine Art Spaghetti) aus Roggenmehl mit Cicerchia und Steinpilzen
- Kalte Cicerchiacreme mit Bratwurst und pancetta (Speck)
- Cicerchia mit zampone (Schweinefuß)
- Cannelloni aus Cicerchia-Mehl mit Hackfleischsauce
- Foccacciabrot aus Cicerchia-Mehl mit rohem Schinken
- Warme Cicerchiacremesuppe
- Cantucci aus Cicerchiamehl (Mandelgebäck)
Und ohne Cicerchia so tolle Sachen wie zum Beispiel
Gulasch nach Art der Großmutter mit Zwiebeln in Zitrussauce eingelegt
Nussbrot mit diversem Käse
Maltajati (Nudelsorte) mit Entenragout
Gelbe Kürbiscremesuppe mit gerösteten Linsen
Polenta mit Trüffen
Lardo (eine Art Speck mit zwei Dritteln Fett und einem Drittel Fleischanteil) mit Honig
und so weiter und so fort
und dazu jede Menge Rotwein, Weißwein, und auch Novello (den "Primeur", den jungen Wein), Vin Santo (Dessertwein) und Brulé (Glühwein).
Cicerchia, so sagte mir nach dem Heimkommen dann Google, sei die Acker-Platterbse.
Nie gehört! Vielleicht mal
gesehen, ja, aber dass man sowas essen kann ... Oder besser, derart fantasievoll zubereiten kann!
ElsaLaska - 22. Nov, 21:42
Die heftig geführte Auseinandersetzung um den Fall der 37jährigen Wachkomapatientin
Eluana Englaro beschäftigt schon seit Wochen die italienische Öffentlichkeit - der Vater von Eluana möchte schon lange, dass seine Tochter nicht mehr künstlich ernährt wird, ein ähnlicher Fall wie bei Teri Schiavo also (wobei sich die Angehörigen von Schiavo gemeldet haben und den Angehörigen von Eluana ans Herz gelegt haben, die Ernährung nicht zu unterbrechen).
Eine relativ
gute, deutschsprachige Zusammenfassung aus katholischer Sicht findet sich auf zenit.org.
Ein italienischer Pfarrer hat zum Gebet aufgerufen, ebenso Tarcisio Bertone.
Beten wir für Eluana Englaro, ihre Angehörigen und ihre Betreuer.
ElsaLaska - 20. Nov, 14:35
Die Leute, die ich kenne und nur sporadisch in Italien sind, alle paar Monate für circa einen Monat, kommen immer hier aus Deutschland oder Holland an und sehen erstmal vollständig erholt aus.
Die Oma-Nachbarin jammert ja immer, wie furchtbar einsam sie sei (ihr ältester Sohn mit Frau und Kindern wohnt im Anbau direkt dabei) und ich soll jeden Tag zum Kaffee rüberkommen, um sie zu erretten, und jedesmal, wenn ich dort bin, kommt jede Minute ein anderer Besucher, ein anderes Familienmitglied, Schwager, Schwiegereltern der Kinder, Kinder, Cousins, Enkelkinder, alles mögliche zur Tür rein. Im Minutentakt! Ich meine, es gibt alte Menschen in Deutschland, die sterben in ihrer Wohnung und bleiben ein Jahr unbemerkt drin liegen, ich glaube, das sollte ich ihr wirklich mal erzählen.
ElsaLaska - 14. Nov, 22:53