Literarisches Blog
Donnerstag, 5. Oktober 2006
Today's India
Ich erwarte den leichten Safrangeruch, bitter und krokusartig,ein bisschen stumpf und dunkelholzig, als ich am Torhaus eintrete, um meine Jacke an der Garderobe abzugeben. Schülerinnen, deutsch-türkisch, vielleicht auch deutsch-indisch, nehmen sie beflissen entgegen: Wenn Sie etwas abzugeben haben, dann kommen Sie bitte hier herüber. Eine Anweisung. Auf deutsch.
Eine ältere Dame gibt ihren Flight-Trolley ab, sie ist blass, fast kalkweiß geschminkt, ein schwarzsamtenes Kostüm und rote Lippen, Kapotthütchen, Goldkettchen. Geht der Zitronengras-Verbenengeruch von ihr aus? Nein, auch als ich später meine Jacke wieder abhole, am Nachmittag, ist er noch da, frisch, limonig, agrumi, ich weiß nicht wo er herkommt, aber er dient dazu, einem das Genick zu straffen, durchzuatmen, bevor man auf die riesigen Laufbänder steigt, die einen, wie am Flughafen von Kuala Lumpur, in aller Herren Länder Plattformen tragen - die Foren. Ich kreise heute um Forum 3 und 4. Forum 3, weil ich alte Belletristikerin bin, 4, weil ich einen Termin bei einem Fachbuchverlag habe. Zwischendurch gönne ich mir, als die Sonne durch kommt, eine Umrundung des Innenhofes mitsamt des sehenswerten "Crafts of India" - Zeltes, des Lesezeltes, aus dem unverbindliche Worte schallen, vorbei an den Imbissbuden voller Frittenduft, vorbei an den kunstgewerblichen mit Hauch von Patschouli, überdeckt von Sandelholz, überhaupt, er überrascht, dieser Buchmessenduft. Nach Salpeter, nach Schwefel, nach Kloake, nach allen Düften Indiens, plötzlich wieder nach Hamburger und Fritten, nach verbranntem überbackenem Käse, nach Whisky - ich passiere den Stand eines Kleinverlages, an dem Autor und
Verleger in trauter Eintracht bei einer Flasche Tullamore Dew sitzen.
Am Nachbarstand des Fachverlages, an dem ich um halb vier terminiert bin, kündigt eine Kreideschrift in Weiß Kölsch vom Fass ab 17 Uhr an.
Das Restaurant Switzerland meide ich, trinke einen Kaffee im "Pub", in Nähe des Fachverlagsforums, d.h. alle tragen dunkle Anzüge, sprechen Brit-Englisch und lassen sich flaschenweise den Chianti an den Tisch kommen. Buchmesse, das ist Genuss mit allen Sinnen.
Aber erst, als ich den ganzen Innenhof umrundet habe und das indian restaurant passiere, da ist er, der Duft, das Aroma, auf das ich gewartet habe: Basmati-Reis und vielerlei stumpfe Gewürze, keine vorwitzigen und schreienden wie Majoran oder Zimt, nicht grell stechendbeißend, vielmehr dark, erdig und verhalten. Vielmehr Kurkuma, mit diesem doppel-u und dem hellen a am Ende, zwei Silben Erde, eine Luft. Ich ziehe sie, die Luft ein, wie wenn ich monatelang aus Sauerstoffflaschen unter Wasser gelebt hätte - sinnlich, so sinnlich kann die Buchmesse sein.
Today's India im Fachverlagforum - das ist bis auf ein paar Blumen auf den Sitzen today's India, der Basmatigeruch hat sich verflogen, viele Saris sind zu sehen, jeder mit mindestens drei Handbreit Goldornament am Rand, vereinzelte Sikh-Turbane - es geht um Software, es geht um High-tech Lösungen, um customers und global players und India ist willkommen.
Die Sadhus, mit den ellenlangen gedrehten Fingernägeln, den verfilzten Shivalocken und der Mondsichel im Haar - wüsste ich nicht, dass es sie gibt, so würde ich glauben, dass Today's India von Technokraten reguliert wird. Auf Forum 4.
So aber lächle ich - Om namah shivaya - siehst du ihn tanzen auf dem Zwerg?
Mittwoch, 4. Oktober 2006
Today's India
Naja, es war eine schöne Impression, aber leider ist das Literaturweltblog offenbar abge
Samstag, 30. September 2006
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Jan Amos Komenský: Das Labyrinth der Welt und das Paradies des Herzens
Freitag, 29. September 2006
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Kurz: D'Aurevilly war wie ein Hengst unter den Wallachen, die die klerikalen Pferdeställe füllten."
Huysmans: Gegen den Strich.
Montag, 25. September 2006
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"In diesem Wirtshaus habe ich eigentlich immer wieder festgestellt, daß das Wesen des Lebens im ständigen Fragen nach dem Tode besteht, in der Frage, wie ich mich verhalten werde, wenn meine Zeit gekommen ist, denn der Tod, nein, dieses Befragen meiner selbst, das ist ein Gespräch unter dem Blickwinkel des Unendlichen und der Ewigkeit. Schon die Antwort dieser Todesfrage ist der Beginn eines Denkens im Schönen und vom Schönen, die Sinnlosigkeit der eigenen Reise hier auszukosten, die ohnehin mit einem vorzeitigen Abgang endet. Dieser Genuß, dieses Erlebnis des eigenen Verderbens erfüllt den Menschen mit Bitterkeit, also auch mit Schönheit. Und da ich im Wirtshaus sowieso schon allen zum Gespött war, fragte ich jeden einzelnen Gast, wo er beerdigt sein wolle, und alle erschraken erst einmal, lachten dann aber Tränen und revanchierten sich mit der Frage, wo ich denn begraben werden wolle, falls ich überhaupt das Glück hätte, rechtzeitig von ihnen gefunden zu werden, denn den vorletzten Straßenarbeiter hätten sie erst im Frühjahr entdeckt, und da sei er von den Spitzmäusen und Mäusen und Füchen so zernagt gewesen, daß sie nur ein Bündelchen Knochen beigesetzt hätte, so viel wie ein Bund handelsüblicher Spargel oder wie ein paar Knochen für eine prächtige Rinderbrühe.
Ich ließ mich genußvoll über mein Grab aus; falls ich hier stürbe, wollte ich, selbst wenn man von mir nur einen einzigen unbenagten Knochen, nur meinen Schädel beisetzte, dann wollte ich auf dem Friedhof oben auf dem Hügel bestattet werden, sozusagen auf dem Kamm des Friedhofs, denn es sei mein Wunsch, daß mein Sarg nach und nach auf diesem Trennungsstrich auseinanderbreche und alles, was von mir geblieben sei, vom Regen in beide Himmelsrichtungen gespült werde, einen Teil von mir solle das Wasser in Böhmens Bächlein waschen, den Rest hingegen zur anderen Seite, mit den Bächen durch die Stacheldrähte der Grenze zur Donau, denn es sei mein Wille, auch nach dem Tode ein Weltbürger zu sein, der aus der Moldau durch die Elbe in die Nordsee gelange und zum anderen Teil durch die Donau ins Schwarze Meer und durch beide Meere in den Atlantischen Ozean ..."
Samstag, 23. September 2006
Da wo ich gerade nicht bin.
Bohumil Hrabal.
Aus Grauen vor dem Licht schreien
Heute weiß ich, daß sie diese paar Morgenminuten aus Grauen vor dem Licht schreien.
Schopenhauer.
Montag, 18. September 2006
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Huysmans: Gegen den Strich
Samstag, 16. September 2006
"Goyas wildes Feuer, sein schroffes,
Huysmans: Gegen den Strich
















